Dieser Blog-Beitrag befasst sich mit den Usability Heuristiken von Jakob Nielsen. Dabei handelt es sich um 10 allgemeingültige Prinzipien für das Interaktions-Design. Genauer gesagt geht es um deren Veranschaulichung anhand theoretischer oder praktischer Beispiele.
1) Sichtbarkeit des Systemstatus
Nielsens erste Heuristik befasst sich damit, dass das System die Benutzer stets innerhalb angemessener Zeit durch angemessenes Feedback darüber auf dem Laufenden halten soll, was gerade geschieht.
Dieses Feedback kann dauerhaft oder auch nur nach einer Interaktion des Benutzers angezeigt werden.
Ein Beispiel für die dauerhafte Anzeige kann der Ladezustand einer Batterie sein.
Ein visuelles, temporäres Feedback nach einer Benutzer-Interaktion, wie einem Klick auf ein Icon, zeigt dem Benutzer an, dass das System diesen erkannt hat und seine Anforderungen bearbeitet werden. So ändert sich die Farbe des „Speichern“-Icons in einem Word-Dokument, nachdem der Benutzer dieses angeklickt hat. Beim Herunterladen und Installieren von Updates wird dem Benutzer in einer Status-Anzeige angezeigt, wie lange es ungefähr noch geht oder mit einem Fortschrittsbalken, wie weit fortgeschritten die Installation ist.
2) Übereinstimmung zwischen dem System und der realen Welt
Die zweite Heuristik besagt, dass ein System die Sprache des Benutzers sprechen soll, anstatt systemorientierte Ausdrücke zu verwenden. Es sollen Begriffe und Ausdrücke verwendet werden, welche dem Benutzer vertraut sind. Die Grundsätze der realen Welt sollen eingehalten und Informationen in einer dem Benutzer vertrauten und logischen Reihenfolge angezeigt werden.
Die Verwendung eines eBooks ist eng an der physischen Erfahrungen des Benutzers ausgerichtet. So kann dieser - wie bei einem richtigen Buch - die Seiten umblättern, Lesezeichen setzen und zu einem bestimmten Text Notizen machen.
3) Benutzerkontrolle und -freiheit
Benutzer wählen Systemfunktionen oft versehentlich aus. Sie benötigen deshalb einen „Notausgang“, um den unerwünscht herbeigeführten Zustand verlassen zu können. Dies soll unkompliziert möglich sein.
Undo- und Redo- Funktionen verschaffen den Benutzern die Freiheit, die Kontrolle über ihre Interaktionen zu haben. Auch wenn sie Fehler machen verfügen sie über einen klar gekennzeichneten Weg, um diese Umstände wieder verlassen zu können.
Beim unbeabsichtigten Anklicken eines Links auf einer Internetseite, kann von der neu geöffneten Seite ganz einfach mit dem „Zurück“- Button wieder auf die zuvor angezeigte Seite zurückgekehrt werden.
Bei der Bearbeitung eines Bildes in einem Word- oder PowerPoint-Dokument , kann es sehr praktisch sein, wenn ein ausgewählter Filter schnell wieder rückgängig gemacht werden kann oder das fehlerhafte Zuschneiden eines Fotos über „Zurück“ korrigiert werden kann.
4) Konsistenz und Standards
Die durchgängige Verwendung gleicher Wörter oder Ausdrücke in Menus und Bedienelementen ist für den Benutzer hilfreich, um Unsicherheiten in der Bedienung zu vermeiden. Bestehende Standards sollen eingehalten werden, so dass die Benutzer wissen, was sie erwarten können und wie sie das System bedienen sollen.
Es ist zwischen zwei Arten von Konsistenz zu unterscheiden: Die interne Konsistenz und die externe Konsistenz.
Die interne Konsistenz befasst sich mit der Konsistenz innerhalb eines Produkts bzw. einer Produktfamilie. Microsoft verwendet für alle Produkte der Office-Palette die gleichen Icons und Aktionen. So wird der Wiedererkennungseffekt in den verschiedenen Produkten sichergestellt.
Bei der externen Konsistenz handelt es sich um die Konsistenz von Produkten oder Produktfamilien, der allgemeinen Standards oder Standards einer bestimmten Branche abdecken. In einem Online-Shop kann ein Benutzer beispielsweise die Erwartung haben, dass sich der Warenkorb oben rechts befindet, da dies auf vielen Seiten so ist und er das so kennt.
5) Fehlervermeidung
In der 5 Heuristik geht es darum, dass gute und verständliche Fehlermeldung verfasst werden sollen, es jedoch besser ist Fehler zu verhindern. Fehleranfällige Zustände sollen entweder entfernt, oder sie sollen geprüft, und den Benutzern eine Bestätigungsoption angezeigt werden, bevor diese die Aktion ausführen.
Ein Beispiel hier ist die Rückversicherung vor einem Löschvorgang. Der Dialog «Wollen Sie das Dokument wirklich löschen? Aktion kann nicht rückgängig gemacht werden.» kann den User so führen, dass ein Fehler vermieden werden kann.
6) Wiedererkennen statt Erinnern
Es kann nicht erwartet werden, dass sich User an alles erinnern und sich alles merken können. Objekte, Aktionen und Optionen sollen erkennbar gemacht werden, so dass sich der Benutzer an keine Informationen von einer Stelle des Dialogs zur anderen erinnern muss. Die Wiedererkennung von Informationen ist einfacher als die Erinnerung, weil hier mehr Hinweise verfügbar sind, um die Informationen aus dem Gedächtnis abzurufen.
Je mehr Hinweise ein Benutzer hat, desto einfacher ist die Wiedererkennung. Möchte er beim Schreiben eines Textes in einem Word-Dokument einen Text formatieren, ist dies ziemlich einfach, da z.B. durch „F“, „K“, U“ direkt erkennbar ist, was durch das Anklicken des entsprechenden Icons gemacht geschieht. Er muss sich nicht an eine bestimmte Tastenkombination erinnern.
7) Flexibilität und Effizienz der Nutzung
Kurzbefehle und Abkürzungen, welche für einen unerfahrenen Benutzer unbemerkt bleiben, können für einen erfahrenen Benutzer die Geschwindigkeit bei der Benutzung erhöhen. Das System kann so sowohl erfahrenen als auch unerfahrenen Benutzern gerecht werden, indem es die Interaktion für den erfahrenen Benutzer beschleunigt, sich jedoch auch auf unerfahrene Benutzer ausgerichtet ist. Den Benutzern soll es möglich sein, häufig verwendete Aktionen anzupassen.
Ein Beispiel ist hier das Ersetzen von Aufrufen aus einem Bedienmenü über Mausklicks mit Kurzbefehlen über Tastatur, das dem User eine effizientere Arbeitsweise ermöglicht.
8) Ästhetisches und minimalistisches Design
Dialoge sollen nur wesentlichen und notwendige Informationen enthalten. Jedes zusätzliche Element stellt eine Information dar und steht in Konkurrenz mit den wichtigen Elementen einer Oberfläche und vermindert deren Sichtbarkeit.
Das Design soll sich auf das Wichtigste fokussieren; wichtige Inhalte und Features sollen priorisiert werden. So sollen etwa Bilder ein Ziel erfüllen und keine Deko oder Platzhalter sein.
9) Den Benutzern helfen, Fehler zu erkennen, zu bewerten und zu beheben
Fehlermeldungen sollten nicht als kryptische Codebausteine sondern in natürlicher Sprache angezeigt werden. Die Ursache des Fehlers sollte präzise beschrieben werden und es soll eine konstruktive Lösung vorgeschlagen werden. Fehlermeldungen sollen dem Benutzer helfen, das Problem zu verstehen und ihn darüber informieren, wie er den Fehler beheben kann.
So können nicht ausgefüllte Mussfelder in einem Onlineformular farbig kenntlich gemacht werden und mit einer Fehlermeldung bei fehlenden Informationen versehen werden.
10) Hilfe und Dokumentation
In der letzten Heuristik geht es darum, dass es möglicherweise notwendig sein kann, dem Benutzer Hilfe und Dokumentation zur Verfügung zu stellen. Dies, obwohl es besser ist, das System ohne Dokumentation verwenden zu können. Sind sie dennoch notwendig müssen diese Informationen einfach zu finden sein, sich auf die Aufgabe des Benutzers konzentrieren und konkrete Lösungsschritte auflisten. Dabei sollten die Informationen nicht zu umfangreich sein. Der Benutzer soll die Unterstützung in angemessener Zeit erhalten.
Für die Hilfe können verschiedene Arten wie Tooltips verwendet werden, welche dem Benutzer genauere Informationen über ein Element gibt, wenn er seinen Mauszeiger darauf positioniert.
Fazit
Obwohl Nielsen seine Usability Heuristiken bereits vor über 20 Jahren veröffentlicht hat sind sie aktueller denn je – und eine wichtige Grundlage für die (Weiter-) Entwicklung benutzerfreundlicher Software.