Ich teste gerne. Und ich denke mir noch lieber Testfälle aus, um die Qualität des Produktes zu verbessern. Aber diese Testfälle Schritt für Schritt zu dokumentieren? Das fühlt sich wie Zeitverschwendung an und stört meinen Flow.
Testing muss schnell, aber nachvollziehbar, strukturiert, überprüfbar, aber anpassbar sein. Das beste Tool dafür: menschliches vernetztes Denken. Wie können wir das abbilden und mit anderen teilen? Mit MindMaps und MindMap Testing!
Zu viel Dokumentation ist Waste
Gerade in Wasserfall-lastigen Entwicklungsmodellen grassiert manchmal ein regelrechter Dokumentationswahn. Jeder einzelne Testfall, in jeder einzelnen Variante, ist bis auf den letzten Klick aufgeschrieben und dokumentiert. Wer das genau jemals anschaut und wirklich braucht? Unklar. Und wehe, wenn sich etwas am GUI ändert – im schlimmsten Fall müssen alle diese Testfälle durchgeackert und überarbeitet werden. Marcel Stoop hat in seinem Beitrag zu Value Driven (Lean) Testing wunderbar dokumentiert, wie vergeuderisch/wasteful dies ist:Value driven testing ein lean testing ansatz/
Bei meinem Kunden wurde der Windows Step Recorder benutzt. Das war schrecklich! Erstens hat es bei jedem einzelnen Klick ein Screenshot gemacht, was am Ende dazu geführt hat, dass es über 800 Screenshots waren, wer schaut sich die denn an? (Chi Dung Hong – Testing Consultant)
Mit MindMaps ist der Dokumentationsaufwand immer nur so gross, wie man ihn gerade braucht. Da die Testfälle nicht Step-by-Step aufgeschrieben werden und nur das aufgeschrieben wird, was nützlich ist, entsteht keine Waste. Auch ein allfälliger Überarbeitungsaufwand verringert sich dadurch massiv, da in einem MindMap nur der generelle Weg und das zu überprüfende Item dokumentiert werden.
Soll es doch etwas mehr Dokumentation sein? Kein Problem! Einzelne ausgearbeitete Testfälle, Userstories oder das Benutzerhandbuch können einfach mit den betreffenden MindMaps verlinkt werden.
Ein gutes Beispiel dazu habe ich aus einem Mandat bei einem grossen Schweizer Konzern. Für eine Familien-Plattform wollte das Unternehmen periodische Regressionstests durchführen. Diese wurden anstelle eines Sets von ausführlichen Testfällen als MindMap festgehalten.
Besonders gut zu sehen ist, nur schon an der Verzweigtheit der Äste, welche der Bereiche eine höhere Komplexität haben (wo es mehr zu testen gibt) und welche weniger komplex sind. Ausserdem erhält man – ohne die Plattform selbst je gesehen zu haben – einen guten Überblick über die verschiedenen Funktionen.
Ich hatte das Vergnügen, als Stellvertretung bei diesem Projekt den Regressionstest auszuführen. Mit dem von einer SwissQ-Kollegin erstellten MindMap war ich nicht nur sehr schnell up to date, worum es bei der Plattform geht, sondern konnte auch auf einfache und effiziente Art mit dem Testen beginnen. Dass die Testfälle nicht Step-by-Step aufgeführt waren, forderte von mir, dass ich mich tatsächlich mit dem Produkt auseinandersetze und nicht nur stoisch die Testfälle ausführe. Marcel Stoop meinte einmal ganz richtig dazu: «Es zwingt einen, wieder über das Testen nachzudenken.» Das Resultat: Ich fand Fehler, welche mir wahrscheinlich nicht aufgefallen wären, hätte ich mich an einen vorgeschriebenen Weg halten müssen.
Bei diesem Projekt war ich in der glücklichen Lage, dass der verlangte Dokumentationsaufwand sehr gering war. Bugs und Improvements (auch diese hätte ich auf traditionellem Testweg eher nicht gefunden) wurden in JIRA eröffnet und am Ende des Regressionstests zum MindMap korrespondierende Testresultate abgegeben. Diese schlanke Arbeitsweise ermöglichte einen ansonsten langwierigen Regressionstest in verhältnismässig kurzer Zeit.
Ein grossartiges Argument für MindMap Testing ist also auch die erreichte Qualität, oder wie es mein Kollege Chi Dung Hong ausgedrückt hat: «Es hat meinem Arbeitsworkflow und der Qualität, die ich abliefere, sehr geholfen, was auch dazu geführt hat, dass das Ansehen der Tester gestiegen ist.»
Zu wenig Dokumentation schafft Unsicherheit
Das gegenteilige Phänomen treffen wir in vielen agilen Projekten an. Die kurze Zeit für das Testing erlaubt es häufig nicht, Testfälle aufzuschreiben und zu dokumentieren. Das Testing geschieht oft explorativ. Das ist an sich nichts Schlechtes – allerdings ist die Nachvollziehbarkeit und Sichtbarkeit des Testings zu wenig gegeben. Was ebenso fehlen kann, ist die Sichtbarkeit der Testabdeckung. Welche Varianten wurden getestet? Welche Negativtests durchgeführt? Und welchen Zusammenhang haben die Testfälle?
Ein MindMap zeigt auf einen Blick, was getestet wird. Man muss sich nicht «nur» auf den Tester verlassen, denn die Abdeckung ist klar ersichtlich und muss nicht in vielleicht vorhandenen Auswertungen in irgendeinem Tool mühsam herausgesucht werden.
Ein gutes Beispiel dazu ist das nachfolgende Testing-MindMap zu einer User Story. Gut zu sehen ist hier, dass auch Symbole wie Häkchen und Kreuzchen benutzt werden können, um während dem Testing anzuzeigen, welche Testfälle passed und welche failed sind. Wollte man all diese Testfälle mit allen Varianten Step-by-Step dokumentieren, bräuchte man mehrere Stunden dafür. Mehrere Stunden, in denen man nicht testet. Dieses MindMap ist in unter einer Stunde erstellt worden. Das bedeutet: mehr Zeit fürs eigentliche Testing und damit für die Fehlersuche!
Zusammenarbeit und Kreativität für bessere Resultate
Menschen sind vernetzt denkende, kreative Wesen. Dies gilt auch für Tester (gegenteilige Meinungen diskutiere ich gerne in den Kommentaren)! Die Dokumentation und Pflege von unendlich vielen Testfällen ist eine mühselige, langweilige Arbeit, die einem die ganze Freude am Testen nehmen kann. Die Testfälle mit Business oder Entwicklung zu besprechen braucht sehr viel Zeit und bringt im besten Fall mittelmässige Resultate. Entweder man hängt sich an winzigen Details auf, oder nach kurzer Zeit ist die Luft draussen und Step 50-1001 im Testfall 2 müssen das nächste Mal besprochen werden. Eine unserer Kundinnen: «Für viele Fachpersonen/Kunden ist die Erstellung von Testfällen umständlich. MindMaps bieten eine niedere Hemmschwelle und sind leichter zu vermitteln.»
MindMaps hingegen fördern das vernetzte Denken, statt es in einen «Autopilot»-Modus zu stellen. Die Methode ist sehr intuitiv erlernbar, da die Gestaltung der MindMaps unseren Denkmustern entspricht. Die Visualisierung der Testfälle bringt neue Ideen und Varianten und macht Spass.
MindMaps bieten eine tolle Übersicht über das, was alles getestet werden sollte und das, was getestet wurde. Nicht nur für MICH, sondern für alle im Team. (Chi Dung Hong – Testing Consultant)
Wie beginnen mit MindMap Testing?
Spezielle Tools sind nicht nötig für MindMap Testing. Es gibt diverse Web-basierte Anwendungen, welche das Erstellen von MindMaps äusserst intuitiv gestalten. Die meisten davon bieten sogar eine Gratisversion. Sogar ein Stift und etwas Papier reichen schon aus. Wie wäre es also damit, es für den nächsten Test einfach mal auszuprobieren?
Mindmaps können ganz verschiedene Arten von Testauftrag unterstützen:
- Stories/Anforderungen
- Regressionstests
- Test Management
MindMap Testing ist vom Entwicklungsmodell (traditionell oder agil) unabhängig und schnell zu erlernen. Wir haben sehr gute Erfahrungen bei ganz unterschiedlichen Aufträgen gemacht:
- Bei einem grosser Retailer für die Regression
- Bei einem Luxusprodukte Hersteller für das funktionale Testing der Anforderungen
- Bei einem Hersteller für medizinische Geräte für Smoketests und Story-Testing
Immer noch unsicher? SwissQ bietet Kurse und Workshops zum Thema MindMap und Value Driven (Lean) Testing. Setzen Sie sich mit uns in Verbindung!