Wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass wir zufrieden zu mehr Leistung fähig sind. Wir gestehen uns auch zu, dass Arbeit Spass machen darf (und soll). Wir haben die früheren Dogmen von „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ abgelegt und wissen, dass man auch beides gleichzeitig haben kann. Wie man frühzeitig einen Trend der Stimmungsveränderung erkennen kann, beschreiben wir in diesem Artikel.
Viele Unternehmen haben dies erkannt und bemühen sich, die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden zu analysieren. Dazu werden nicht selten durch externe Unternehmen regelmässige (d.h. jährliche oder 2-jährliche) Mitarbeiterumfragen durchgeführt. Nach eingehender Analyse werden dann mit einem Paukenschlag Verbesserungsmassnahmen angekündigt. Das ist an sich keine schlechte Sache und kann sehr wohl (positive) Wirkung zeigen. Für die Agile Softwareentwicklung ist ein etwas schlankerer Ansatz allerdings eher besser geeignet.
Eine solche Quantifizierung soll in keiner Art und Weise eine Retrospektive ersetzen, sondern dient zwei Zielen:
- Confirmation: Durch die Kondensierung der eigenen Stimmung auf eine Zahl bestätigen (oder wiederlegen) wir unsere Aussagen in der Retro.
- Argumentation: Mit Zahlen ergänzt zu argumentieren kann die qualitativen Argumente stark unterstützen.
Der Happiness Index
Mir erging es so als Scrum Master vor einigen Jahren. Ich schätzte die kontinuierliche Verbesserung, initiiert durch die Retrospektive. Und doch fehlte mir ein Element: Ich konnte den Einfluss gewisser negativer Faktoren auf die Stimmung im Team nur schwer abschätzen und hatte vor allem nur die Notizen aus früheren Retrospektiven um in die Vergangenheit zurück zu schauen. Wie könnte ich bspw. dem Management problematisches Handeln (bspw. Overruling von Teamentscheiden, Ändern der Teamzusammensetzung, etc.) besser aufzeigen?
Der Happiness Index half mir hier sehr gut weiter. Das Vorgehen ist denkbar einfach:
- Am Ende der Retrospektive nennen alle Teammitglieder eine Zahl zwischen 1-5: Wie zufrieden bin ich aktuell?
- Die Zahlen werden, ähnlich dem Planning Poker, erst genannt, wenn alle ihren Wert bestimmt haben.
- Diese Zahlen werden bspw. in einem Excelsheet dokumentiert und ermöglichen so eine Zeitreihenanalyse.
- Die Frage kann bei Bedarf ergänzt werden (bspw. durch einen Wert zur Zuversicht ein bestimmtes Ziel zu erreichen, o.ä.).
Falls zwischen den genannten Werten und dem Verlauf der Retrospektive Inkonsistenzen bestehen, werden diese angesprochen und diskutiert. Dies hilft, allenfalls vorhandene, bisher nicht angesprochene Unzufriedenheiten heraus zu arbeiten.
Ausserhalb des Teams wird natürlich nur der Teamdurchschnitt kommuniziert, d.h. die Werte der Einzelpersonen bleiben im Team.
Durch die Zeitreihenanalyse sind auch Monate später für das Team positive und negative Ereignisse sehr gut sichtbar. Die Zeitreihe kann euch als Scrum Master in eurer Arbeit mit dem Management oder den Stakeholdern gut unterstützen. Sehr häufig ist nämlich eine Korrelation mit dem Story Point-Durchsatz des Teams erkennbar. Dies macht dann die eingangs erwähnte Leistungssteigerung bzw. -einbusse für jeden ganz konkret sichtbar.
Weitergehende Links:
- Glückliche Mitarbeiter - was soll das bringen? - Prof. Frank Widmayer
- Die Mitarbeiter glücklich machen - Gretchen Spreitzer, Christine Porath
- What is Crisp? - Henrik Kniberg
(der Happiness Index ist gegen Ende des Artikels beschrieben)