Der zweite Themenblock der Executive Insights on Agile 2020 nahm die Kultur und ihre Bedeutung für die Transformation in den Fokus. Gibson Biddle, der ehemalige VP Product bei Netflix, Clemens Markstein, Leitung Operations & IT bei Baloise und Remo Schmidli, CIO bei der Zürcher Kantonalbank haben ihre praktischen Erfahrungen mit Adrian Zwingli diskutiert.
How Netflix Built a World-Class Culture (Netflix)
Netflix wird oft als Musterschüler in Sachen Unternehmenskultur bezeichnet. Umso mehr waren wir gespannt auf den Talk mit Gibson Biddle, der als ehemaliger VP Product einen reichen Erfahrungsschatz aus der Praxis mitbringt. In seinem Beitrag erlaubt er nicht nur Einblicke in seine Erfahrungen, er stellt gleich 3 Fallbeispiele vor, bei denen die Teilnehmenden live mitarbeiten konnten. Eine kurzweilige und lehrreiche Stunde zum Aufbau einer einzigartigen Unternehmenskultur.
«Wenn Unternehmen wachsen, wächst auch die Komplexität. Und mit der Komplexität folgen Regeln und Prozesse. Allerdings hemmen Regeln auch die Kreativität und Begabungen und nicht alle Mitarbeitenden mögen, wenn ihnen genau vorgeschrieben wird, was erlaubt und was verboten ist.» Mit dieser Problemstellung hat sich Netflix 2001 eingehend befasst und geprüft, ob es bessere Ansätze gibt, um gemeinsam mit den Mitarbeitenden die Unternehmensziele zu verfolgen. Ihre Antwort darauf war «Kultur», wie Gibson erklärt.
«Culture is a leadership and decision-making tool.»
Gibson Biddle, ex VP Product bei Netflix
Die Unternehmenskultur etabliert einen gemeinsamen Horizont und einen Rahmen, der die Mitarbeitenden befähigt, wichtige Alltagsentscheidungen intuitiv selbst zu treffen – ohne dafür durch starre Regeln und unflexible Prozesse eingeschränkt zu sein.
Für Gibson sei es nicht damit getan, die kulturellen Grundsätze auf einem Blatt Papier niederschreiben und an die Wand zu hängen. Es brauche Mechanismen, die Ideen und Werte zum Leben erwecken und die gewünschten Verhaltensweisen Teil des Alltags machen. Seine Schilderungen sind nicht nur einleuchtend, sondern zeigen auch die Probleme von planerischen Kulturveränderungen auf, die zurzeit in Europa verbreitet gelebt werden.
Agile und was meint die Geschäftsleitung dazu? (Baloise)
Während Gibson Biddle die Unternehmenskultur insgesamt betrachtet, konzentriert sich Clemens Markstein, Leitung Operations & IT von Baloise auf die Rolle der Geschäftsleitung in einer agilen Unternehmenskultur und die dadurch entstehenden Spannungen.
«Die Geschäftsleitung muss loslassen, muss die wichtigen Rahmenbedingungen setzen und Möglichkeiten für Feedback schaffen. Das ist keine aktive Steuerung, sondern man lässt auf diese Weise mehr Freiheiten», fasst Clemens Markstein zusammen. Erfahrungsgemäss entstehe nur so eine andere Steuerung – die Steuerung der Gruppe. Eine Gruppe sei fähig, selbst wahrzunehmen was gut läuft und was in einem Projekt geändert werden sollte. Dafür brauche es keine hierarchische Führungskraft. Die Schwierigkeit liege darin, die optimale Balance zwischen komplettem Loslassen und aktiver Planung zu finden.
Agilität hat für Clemens Markstein viel mit Kommunikation zu tun: «Eine Feedback-Kultur ist wichtig, so kommt auch Wertschätzung zurück.» Interessanterweise wurde dafür in der Baloise Schweiz die Servant Leader Rolle eingeführt und gleichzeitig das Linienmanagement gestrichen. «Die Servant Leader kümmern sich vielmehr um die persönlichen Belangen von Mitarbeitenden und weniger um das Fachliche.» Markstein zeigt auf, wie sich der Fokus von Leadership zu Kultur verschiebt – von Top-Down Leadership zu einer Kultur des Austausches und der Eigenverantwortung
Disrupt yourself! (Zürcher Kantonalbank)
«Ownership, Ownership, Ownership mit Ausrufezeichen!»
Remo Schmidli, CIO bei Zürcher Kantonalbank
Remo Schmidli, CIO der Zürcher Kantonalbank, führt vor, wie die Grundsätze des Unternehmens mit der Mitarbeitermotivation zusammenspielen können. Die Kantonalbank setze dabei ganz auf O3 (Ownership, Ownership, Ownership!). Mit der Gewichtung des Ownership auf allen Stufen werde den Mitarbeitenden die Verantwortung für die Veränderung übertragen. Dies wirke sich direkt auf die Motivation der Mitarbeitenden aus, die nun aufgefordert seien, ihre eigenen Ideen einzubringen und sich dafür einzusetzen.
«Leidenschaft ist dabei ein zentraler Wert», sagt Remo, es gehe darum sich für das Unternehmen mit Begeisterung einzusetzen. Dies widerspiegle sich dann in der positiven Entwicklung der Markenwerte der ZKB: Impulsgebend, verantwortungsvoll und leidenschaftlich.
Aus den Gesprächen mit Netflix, Baloise und ZKB wird klar: Die Unternehmenskultur ist ein wichtiger Bestandteil davon, wie Unternehmen ihre Ziele effizienter und besser erreichen. Einerseits führt das Involvieren und das Empowerment der Mitarbeitenden zu grösserer Motivation und andererseits kann die Feedback-Kultur zur Optimierung der Veränderung genutzt werden. Mitarbeitende bringen nicht nur ihre Begeisterung ein, sondern schaffen damit positive Resultate für ihr Unternehmen.
Das Format Executive Insights on Agile bietet ein herausragendes Line-Up mit Top-Level-Führungskräften aus führenden Unternehmen zum Thema Agilität. Die einzelnen Sessions des Jahres 2020 legten ihr Augenmerk auf ganz unterschiedliche Schwerpunkte, die wir in einzelnen Beiträgen zusammengefasst haben: Leadership und People, Kultur, Strategie, Struktur sowie Prozesse und Methoden.
Die Aufzeichnungen der Executive Insights on Agile 2020 sind in voller Länge kostenlos online zugänglich.
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