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REs & BAs oder alles POs & PMs?

Xebia
by  Xebia
08 Feb, 2018
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Ersetzen die Rollen des Product Owners (PO) und Product Managers (PM) die bekannten Rollen Requirements Engineer (RE) und Business Analyst (BA) oder doch nicht so direkt?

Ich war schon bei mehreren Einführungen von agilen Methoden, bei unterschiedlichsten Firmen, involviert. Dabei wiederholte sich die Erfahrung, dass dies speziell bei den REs/BAs grosse Verunsicherung auslöst, da es ihre Rolle plötzlich nicht mehr gibt. Der Methodenwechsel zum Agilen schafft zwar die unterschiedlichen Rollen ab, vereint aber gleichzeitig die benötigten Skills im Team. Was bedeutet das für REs/BAs und wie kann man sie in der Vorbereitung für die agile Transformation – im Change-Team – einsetzten?

Braucht es die RE/BA-Skills weiterhin?

Am folgenden Beispiel wollen wir das Zusammenspiel von Rollen, Personen, Tätigkeiten und Skills genauer betrachten:

Stellen wir uns mal vor, dass die Buchhaltung die MWSt. effizienter ausweisen will. Dazu wird die Praktikantin Gabi in die Geheimnisse der MWSt. eingeführt und beauftragt ihr Excel-Wissen einzubringen um eine Excel-Formel zu entwicklen, welche die MWSt. gemäss der neusten Verordnung ausweist.

Um dies zu realisieren wird folgendes Wissen benötigt:

  • Was will man mit der Formel erreichen?
    => Arbeitsersparnis durch zuverlässige Berechnung und Konformität zur MWSt-Verordnung
    => Anforderungswissen
  • Wie implementiere ich die Formel?
    => Wissen wie man eine Berechnung in Excel implementiert
    => Entwicklungswissen einer Formel in Excel
  • Stimmt das Resultat in allen Fällen?
    => Wissen wie ich das Resultat überprüfe
    => Testwissen

Bei diesem Beispiel ist sehr schön zu sehen, dass obwohl sich hier nur eine Person um die Implementierung der Formel kümmert, die Skills von drei Rollen zum Zuge kommen. Umgekehrt könnte man auch folgern, dass wenn man für diese Formel jeweils

  • die Anforderungsphase als Tätigkeit der RE/BA-Rolle
  • die Entwicklungsphase als Tätigkeit der Entwickler-Rolle
  • und die Testphase als Tätigkeit der Tester-Rolle

abzuschliessen hätte, der Sache nicht wirklich gedient wäre.

Übertragen in die Verhältnisse grösserer Entwicklungen, stützt dies hervorragend die Erkenntnis, dass man Arbeit erfolgreich in einem Team erledigt, in dem auch alle benötigten Skills vorhanden sind. Zu diesen Skills gehören eben ganz klar auch die Skills eines typischen REs/BAs. Wie z.B.: die Anforderungen

  • erheben
  • analysieren
  • konsolidieren

Selbstverständlich bleibt die Erfahrung, insbesondere auch in der Kommunikation, sehr wertvoll, da weiterhin "echte" Personen beteiligt sind.

Wie erlangt nun mein Team diese Skills?

Häufig sieht man, dass RE/BAs als POs eingesetzt werden und es wird erwartet, dass sie die RE/BA-Skills on the Job dem Team weitergeben. Dabei kann es aber auch zur Überlastung von ohnehin schon sehr gut ausgelasteten POs kommen. In diesem Fall empfiehlt es sich, den PO durch einen erfahrenen, teamorientierten und offenen RE, als ganz "normales" Teammitglied, zu unterstützen. So oder so, es soll normal werden, dass das gesamte Team aktiv Anforderungen hinterfragt und an der Lösung des Quellproblems arbeitet.

Generell soll eine Kultur entstehen, welche das "sich Einbringen" fördert – ja sogar fordert, um die Qualität des Produktes zu verbessern. Dieses Einbringen muss von allen Teammitgliedern gelernt und gelebt werden. Daher ist es sinnvoll, dass man sich auch über den "Tellerrand" informiert und sich auch an eine Konferenz oder eine Basisausbildung zu einem benachbarten Thema wagt.

Soll das Change Team die REs/BAs involvieren?

Die REs/BAs sind vom Wandel in die agile Welt direkt und existenziell betroffen, da ihre Rolle als solche nicht mehr explizit existiert. Daher gilt es für die Organisation, bei ihnen das Vertrauen darauf auch in Zukunft einen Job zu haben, aufzubauen und zu festigen. Dazu empfiehlt es sich, auf die Situation der betroffenen REs/BAs einzugehen und sie an der Gestaltung des Changes zu beteiligen.

Die Situation der REs/BAs

Bisher wurden Mitarbeitende direkt an ihren persönlichen Resultaten gemessen und hatten einen klar abgegrenzten Verantwortungsbereich. Im agilen Vorgehen ist das Team als Ganzes für das Vorgehen und die Resultate verantwortlich.  Damit umzugehen ist nicht so einfach: Auf der einen Seite geht ein gewisses Mass an Kontrolle verloren, auf der anderen Seite besteht die Angst für die Resultate zur Verantwortung gezogen zu werden.
Daher ist es essentiell, dass klar kommuniziert wird, dass sich nicht nur die Aufgabenverteilung sondern auch die Verantwortlichkeiten und die Messfaktoren ändern.

Vorbei sind nun die Zeiten, wo man in der Design-Phase, eine "wasserdichte" Spezifikation anstrebte, die zum Teil sogar als Vertragsbestandteil angesehen wurde. Und vorbei sind hoffentlich die daraus resultierenden Auswüchse, wie 100-seitige Dokumente für noch so triviale Produkte. Auch die Mentalität des "über den Zaun Werfens" zur Entwicklung und dann nichts mehr damit zu tun haben wollen, ist hoffentlich endgültig vorbei.

Es ist also vor allem ein Wertewandel. Weg vom unverrückbar Definierten – hin zum offenen Lösungsraum. Weg von der einspurigen Informationsweitergabe – hin zum Dialog.

Vom Betroffenen zum Beteiligten

Das Change-Kernteam ist ein Team, welches die Transformation in die agilen Vorgehensweise vorbereitet. Es empfiehlt sich auch in diesem Team, die vorhandenen Skills der REs/BAs zu nutzen und sie gewinnbringend einzusetzen. Zum einen das ständige Hinterfragen der Lösung und des Vorgehens, aber auch Moderation, Visualisierungen sowie Strukturierung von Ideen und Infos – um nur einige zu nennen. Diese sind schliessllich des REs/BAs täglich Brot!

Weiter kann ein so eingesetzter RE/BA auch darauf hinwirken, dass wichtige Tätigkeiten nicht vergessen gehen und somit weggelassen werden. Jedoch sollte er offen sein für Änderungen an der Zuständigkeit und der Art und Weise wie diese Tätigkeiten neu erledigt werden.

Ein RE/BA im Change-Kernteam kann zudem die Absichten und Entwicklung seinen Kollegen aus dessen Sicht weitergeben und so bedeutend mehr Vertrauen schaffen, als wenn diese RE/BA-Anliegen nicht mittels einer Person vertreten sind.

Agile Change profitiert von RE/BA-Skills!

Die Erfahrung zeigt, dass sich mit der Transformation ins Agile, das Berufsbild der REs/BAs fundamental ändert. Werden aber ihre Skills richtig eingesetzt, hilft dies der Transformationsinitiative, den REs/BAs selber und den Teams, welche die neuen Lösungen erarbeiten. Dabei ist der Rollentitel das, was am wenigsten interessiert. Es geht hier um Aufgaben, die Business Value generieren und nicht um Statussymbole. Bei SwissQ arbeiten wir REs genau so und helfen Kunden auf ihrem Weg in agile Vorgehensweisen. Zudem arbeiten wir häufig eng mit unseren Agile Transformation Coaches zusammen, welche die Kunden in der "Organisatorischen Transformation" unterstützen. So stellen wir uns der Tatsache, dass Agilität sich exponentiell weiterverbreitet. Dieser Trend ist seit mehreren Jahre in unseren Trends & Benchmarks festzustellen. In der Umfrage von 2018 ist auch ersichtlich, dass Agilität alleine nicht zum erfolgreichen Produkt führt. Da die Skills der REs/BAs helfen, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu entwickeln, sind sie ein wichtiger Faktor zum erfolgreichen Produkt.

Weiterbildungsmöglichkeiten:

Kurse im RE-Umfeld:

Kurse um über den Requirements-Tellerrand zu schauen:

Geheimtipp:

  • RE Power Kurs: Praxisorientierter Kurs auch für Stakeholder oder Vorgesetzte von REs die sich selbst mehr Wissen aneignen wollen. Der Kurs ist komplementär zu IREB® CPRE Foundation Level und agile@RE Primer konzipiert und ersetzt diese nicht. (2 Tage)
  • Angepasster Firmenkurs z.B. zum Thema Ermittlungstechniken, von SwissQ. Dazu mehr Infos hier... (Anfrage per E-Mail senden)

Konferenzen:

  • PO & RE: Die neue Konferenz für den Austausch zwischen modernen REs und POs. Sozusagen die aktuelle Form des Swiss Requirements Day.
  • Agile Leadership Day: Für Personen mit modernem Verständnis von Leadership und Management die mehr Agilität und Flexibilität in Ihre Organisation bringen möchten.
  • Product Management Festival: Für alle, die an den Erfahrungen der Marktleader im Produktmanagement interessiert sind.
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